FAQ zu Verbrauch & Verarbeitung
Raffinerien, Chemieparks, Stahlwerke und der Schwerlastverkehr stehen bei der Anwendung von Wasserstoff im Fokus. Fragen rund um Sicherheit und Effizienz dazu werden hier beantwortet. Ihre Frage ist nicht mit dabei? Schicken Sie uns eine E-Mail an info@get-h2.de
Bislang wird Wasserstoff fast ausschließlich als Rohstoff in der Industrie eingesetzt. In der chemischen und petrochemischen Industrie spielt er als Teil einer Vielzahl von Produktionsprozessen eine wichtige Rolle. Auch in der Lebensmittelindustrie wird er z.B. zur Fetthärtung verwendet. In diesen Anwendungen kann Wasserstoff nicht durch Strom ersetzt werden. Als Energieträger wird Wasserstoff in Deutschland bisher nur in geringen Mengen eingesetzt.
Insgesamt werden in Deutschland rund rund 55 - 60 TW/h pro Jahr verbraucht (Deutscher Bundestag, Stand 2020).
Dieser Bedarf wird nach Einschätzung der Bundesregierung bis 2030 auf 90-110 TW/h pro Jahr ansteigen. Neben dem Einsatz in den bestehenden Bereichen soll vor allem grüner Wasserstoff den CO2-Ausstoß sowohl in Stahlwerken als auch durch die Produktion klimaneutraler synthetischer Kraftstoffe für Luft-, Schiffs- und Schwerlastverkehr reduzieren. Diskutiert werden auch die Wärmeerzeugung sowie und Absicherung der Stromerzeugung über Wasserstoff.
Raffinerien gehören schon jetzt zu den größten Wasserstoffverbrauchern Deutschlands, sie benötigen gut 40% der jährlich verbrauchten 1,6 Mio. Tonnen Wasserstoff in Deutschland.
Der Wasserstoffbedarf wird sich zunächst nicht verändern. Aber klimaneutral erzeugter grüner Wasserstoff kann hier direkt so genannten grauen Wasserstoff ersetzen, der aus Erdgas erzeugt wird. Dadurch wird schnell der CO2-Ausstoß verringert. Bei einer weitgehenden Umstellung auf synthetische Kraftstoffe, z.B. Kerosin, steigt dann in einem nächsten Schritt der Bedarf an grünem Wasserstoffbedarf in den Raffinerien signifikant.
Wasserstoff ist seit jeher ein wichtiger Betriebsstoff in einer Raffinerie. Die Betriebssicherheit hat dabei allerhöchste Priorität. Die Produktionsanlagen werden laufend überwacht, durch interne und externe Sachverständige finden regelmäßig systematische Prüfungen sowie spätestens alle fünf Jahre so genannte Revisionsstillstände statt, bei denen die Anlagen auf Herz und Nieren überprüft werden. Parallel zu den eigenen Sicherheitsmaßnahmen werden die Anlagen regelmäßig durch die zuständige Aufsichtsbehörde überwacht, unter anderem durch vor-Ort-Besichtigungen.
Der GET H2 Nukleus Projektpartner bp ist Vorreiter innerhalb der Branche beim Einsatz von grünem Wasserstoff aus der Power-to-Gas-Technologie und hat bereits weltweit erstmalig in einer Raffinerie regenerativen grünen Wasserstoff zur Produktion von CO2-armen Kraftstoffen genutzt. In einem dreißigtägigen Demonstrationsprojekt mit grünem Wasserstoff haben die Ingenieure der bp Raffinerie in Lingen 2018 gezeigt, dass der Ersatz von grauem durch grünen Wasserstoff problemlos möglich ist.
Derzeit wird Wasserstoff bei der Weiterverarbeitung kaltgewalzten Stahls in Verzinkungsanlagen und Glühöfen als Schutzgas eingesetzt. Der Bedarf von zum Beispiel Salzgitter Flachstahl liegt aktuell bei ca. 400 m³ Wasserstoff pro Stunde.
Künftig wird Wasserstoff zusätzlich für die Erzreduktion (Primärstahlherstellung) in neu zu bauenden Direktreduktionsanlagen eingesetzt. Damit ersetzt der Wasserstoff die Kohle-basierte Hochofenroute, wodurch sich die CO2-Emissionen der Stahlherstellung signifikant reduzieren lassen. Für die Umstellung einer Jahresproduktion von zum Beispiel 4,5 Mio. t Rohstahl (wie bei Salzgitter Flachstahl) wird etwa die 1.000-fache Menge benötigt. Der CO2-Ausstoß der Stahlproduktion kann so um mehr als 95 % gesenkt werden.
Beim Betrieb eines integrierten Hüttenwerks steht Sicherheit immer an erster Stelle. Es gibt etablierte Regelwerke auf deren Basis ausgeklügelte Sicherheitskonzepte für den Umgang mit explosiven, leicht entzündlichen und gesundheitsgefährdenden Stoffen angewendet werden. Der Umgang mit größeren Wasserstoffmengen wird daran nichts ändern.
Stahlwerke haben schon seit Jahrzehnten Erfahrung im Umgang mit wasserstoffhaltigen Prozess- und Industriegasen. Da sich grüner Wasserstoff stofflich nicht von dem bisher eingesetzten grauen Wasserstoff unterscheidet, können wir diese Erfahrungen auch beim zukünftigen Einsatz von Wasserstoff anwenden.
Wasserstoff wird bereits in Raffinerien und Chemieparks eingesetzt. Bislang wird dieser Wasserstoff in sogenannten Dampfreformern aus Erdgas gewonnen. Da hierbei CO2 ausgestoßen wird, bezeichnet man diesen Wasserstoff als grauen Wasserstoff. Die Alternative ist grüner Wasserstoff, der in einem Elektrolyseur aus Wasser mit Hilfe von Erneuerbaren Energien erzeugt wird. Das Einsparpotenzial beim Austausch von grauem durch grünen Wasserstoff liegt bei zehn Tonnen CO2 pro Tonne Wasserstoff. Eine 100 MW Elektrolyse, wie sie für das Projekt GET H2 Nukleus im ersten Schritt geplant ist, kann bis zu zwei Tonnen grünen Wasserstoff pro Stunde erzeugen. Bei einem flexiblen Betrieb von 3.750 Volllaststunden pro Jahr rechnen wir mit einer Wasserstofferzeugung von rund 7.000 Tonnen pro Jahr und entsprechend CO2-Einsparungen von 70.000 Tonnen pro Jahr.
Bis 2027 soll die Elektrolyseanlage in Lingen auf 300 MW ausgebaut werden. Die Potenziale für die CO2-Einsparung würden sich dann auf 210.000 Tonnen pro Jahr verdreifachen.
Raffinerien sind ein bedeutender Teil der Grundstoffindustrie und versorgen so vor allem die chemische Industrie – in Deutschland einer der bedeutendsten Wirtschaftssektoren. Gut drei Viertel der Einsatzstoffe der chemischen Industrie stammt direkt aus Raffinerien, der Petrochemie. Es geht um weit mehr als um Diesel und Benzin für Straßen- und Luftverkehr. Viele Sektoren in der deutschen Industrie beziehen Zulieferteile aus der chemischen Industrie, wie z.B. Kunststoffe für Windkraftanlagen, Hochleistungskunststoffe für Batterien, Lacke, transparente Kunststoffe wie Acrylate und viele andere. Das Wirtschaftswachstum in der Chemie und anderen Branchen bedeutet zudem eine erhöhte Nachfrage für die Vorprodukte aus der Petrochemie. Hinzu kommt: Nicht alle Teile des Verkehrs lassen sich elektrifizieren. Im Schwerlast- und im Luftverkehr bieten Wasserstoff sowie synthetische Kraftstoffe eine erneuerbare Alternative – zu deren Herstellung braucht man aber auch Raffinerien.
Nein. Grüner Wasserstoff dient dazu, Verarbeitungsprozesse in den Raffinerien und Chemieparks direkt emissionsärmer zu gestalten. Ungeachtet eines möglichen Ausbaus der Elektromobilität wird es im Transportsektor auch weiterhin Anwendungen geben, in denen eine direkte Elektrifizierung technisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, z.B. im Flug-, Schiffs- oder Schwerlastfernverkehr. Hier bieten sich neben dem direkten Einsatz von Wasserstoff auch synthetische Kraftstoffe als Ersatz für klimaschädliche Brennstoffe an. Für deren Herstellung werden aber weiterhin Raffinerien benötigt. Die Produktion konventioneller Brennstoffe wird also im ersten Schritt emissionsärmer, im zweiten Schritt werden sie durch klimaneutrale synthetische Kraftstoffe ersetzt. Es handelt sich also nicht um Greenwashing, sondern um einen schrittweisen Prozess.
Je weiter der Ausbau Erneuerbarer Energien voranschreitet, desto stärker ist Wasserstoff als Energiespeicher gefragt, der Flexibilität schafft. Da die Energieversorgung nicht nur für den Stromsektor, sondern auch für Industrie, Mobilität und Wärme auch dann sicher sein soll, wenn es an ausreichend Wind oder Sonne für die Energieversorgung fehlt, braucht es Wasserstoff als Speichermedium, das dann für die Stromerzeugung eingesetzt werden kann. Durch die Einspeicherung der Strommengen, denen kein zeitgleicher Strombedarf gegenübersteht, in Form von Wasserstoff, können wir zudem, die Schwankungen der erneuerbaren Erzeugung aus dem Netz nehmen.
Die Erzeugung von Wasserstoff mittels Elektrolyse ist zudem deutlich effizienter geworden und weitere Fortschritte werden von den Herstellern erwartet. Das wird den Preis von grünem Wasserstoff sinken lassen, so dass der Einsatz langfristig günstiger sein wird als klimaschädliche Alternativen.
Beides sind wichtige Komponenten bei der Umsetzung der Verkehrs- und Mobilitätswende, die parallel zum Einsatz kommen werden. Die Elektromobilität (mit Batterie oder Brennstoffzelle) ist insbesondere für PKW eine wesentlich effizientere Gesamtlösung im Vergleich zu anderen Antriebsformen. Für den innerstädtischen Pkw-Verkehr sind Elektroautos mit Batterie die effizientere Lösung. Im Fern- und Schwerlastverkehr (Lkw, Müllfahrzeuge, Busse, Bahnen) sind hingegen Fahrzeuge mit Brennstoffzelle häufig die bessere Option. Mit Wasserstoff hergestellte so genannte E-Fuels sind neben fortschrittlichen Biokraftstoffen zudem eine Option, um die CO2-Emissionen im Luftverkehr zu senken.
Die verwendeten Hochdrucktanks arbeiten meist mit 350 bar (LKW, Busse) oder 700 bar (LKW, PKW). Die Tanks sind mit einem Sicherheitsfaktor von 2,4 ausgelegt, halten also einem Druck von bis zu 840 bar bzw. 1.680 bar stand. Darüber hinaus sind sie sogar beschussfest.
Sollte wider Erwarten Wasserstoff entweichen, so würde dieser aufgrund seines geringen Atomgewichts unmittelbar und sehr schnell nach oben entweichen, sich extrem schnell verteilen und in der Luft verdünnen. Ein Wasserstoff-Luft-Gemisch ist zwar brennbar, explodiert jedoch nicht. Es verbrennt ohne Raucherzeugung, und die Strahlungswärme des Feuers ist gering. Der für Einsatzkräfte definierte Sicherheitsradius ist kleiner als bei herkömmlichen Kraftstoffen.
Lediglich ein Gemisch aus Wasserstoff und reinem Sauerstoff („Knallgas“) wäre explosiv. Da in der Luft jedoch kein reiner Sauerstoff vorliegt, tritt dieser Fall nicht ein.
Die Emissionen einer Brennstoffzelle sind nichts anderes als Wasserdampf. Und tatsächlich kommt aus dem Auspuff eines Wasserstofffahrzeuges reines destilliertes Wasser heraus. Solange der verwendete Wasserstoff mittels grüner Energie hergestellt worden ist, sind die Emissionen zu 100% klimaneutral.
Inzwischen gibt es allein in Deutschland 105 H2-Tankstellen (Stand Februar 2023). Entsprechende Förderprogramme des Bundes (NIP, KsNI) schaffen in absehbarer Zeit weitere Betankungsmöglichkeiten. Schon heute ist es ohne Probleme möglich, mit einem Wasserstofffahrzeug quer durch Deutschland, Österreich, BeNeLux, die Schweiz, Dänemark und Großbritannien zu reisen.
Zum Start der Wasserstoffwirtschaft liegt der Fokus auf dem Einsatz überall da, wo direkt die CO2-Erzeugung vermieden werden kann. Das ist vor allem die Industrie, ebenso aber der Schwerlastverkehr. Hier werden zudem im Vergleich zur Industrie deutlich geringere Mengen Wasserstoff benötigt. Mit dem Ausbau der Erzeugungskapazitäten und dem Import von Wasserstoff steigen auch die Möglichkeiten für den breiten Einsatz in anderen Bereichen wie der Mobilität. Dafür sollte schon jetzt die Infrastruktur aufgebaut werden.