FAQ zu Erzeugung & Import
Der Bedarf an Wasserstoff ist sehr groß. Wie wird der zukunftsweisende Rohstoff erzeugt? Auf welchen Wegen wird er importiert? Diese und weitere Fragen werden hier beantwortet. Ihre Frage ist nicht mit dabei? Schicken Sie uns eine E-Mail an info@get-h2.de
Wasserstoff wird in Deutschland seit Jahrzehnten sicher erzeugt, transportiert, gespeichert und vor allem in der chemischen Industrie eingesetzt. Anlagen zur Produktion von Wasserstoff werden anhand bewährter technischer Regelwerke und Vorschriften geplant und gebaut, so dass ein sicherer und gefahrloser Betrieb jederzeit gewährleistet ist.
In unseren Planungen gehen wir davon aus, dass Strom aus Offshore-Windparks über das öffentliche Stromnetz transportiert wird und in Lingen zu Wasserstoff umgewandelt wird. Der Wasserstoff wird dann in einem Wasserstoffgasnetz zum Kunden transportiert und kann sogar im Gasnetz gespeichert werden. Der Flächenbedarf für eine 100 MW Elektrolyse-Anlage liegt bei etwa 10.000 m2.
Von einem Elektrolyseur gehen die üblichen Geräusche einer Industrieanlage aus, vergleichbar denen eines Kraftwerks. Die relevanten Geräuschquellen werden so geplant, dass die maßgeblichen Immissionsorte (z.B. Wohnhäuser) nicht mehr im Einwirkbereich der zu beurteilenden Anlage liegen.
Für die Produktion von 1 kg Wasserstoff in einer so genannten PEM-Elektrolyse werden 9 l Wasser verbraucht. Bei einem 100 MW Elektrolyseur, der mit 4.000 Volllaststunden pro Jahr läuft, wären das etwa 77.000 m³ Wasser im Jahr. Zum Vergleich: in der Ems fließen in einem Jahr 2,5 Mrd. m³ Richtung Nordsee. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ems mittlerer Durchfluss der Ems bei Versen (Nähe Meppen) = 80 m³/sek)
Überwiegend ist in den Projekten der Einsatz der so genannten PEM-Elektrolyse geplant, so auch beim Projekt GET H2 Nukleus. PEM steht für Proton Exchange Membrane, also Protonen-Austauschmembran. Der Vorteil ist, dass in einer PEM-Elektrolyse keine weiteren chemischen Verbrauchsmittel hinzugefügt werden müssen. Außerdem kann sie schnell in der Leistung hoch- und runtergefahren werden und so auf Schwankungen in der Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom reagieren.
Die Produkte einer so genannten PEM-Elektrolyseanlage, wie sie in Lingen geplant ist, sind Wasserstoff und Sauerstoff. Darüber hinaus werden keine umweltschädlichen Nebenprodukte erzeugt.
Durch den Einsatz von Wasserstoff werden andere Formen der Energieerzeugung reduziert. Denn auch die Förderung von Erdöl und Erdgas, die Erzeugung von Kernkraft und die Erzeugung von Strom in Kohle- und Gaskraftwerken verbrauchen Wasser. Ein Beispiel: Im Projekt GET H2 Nukleus wird der Elektrolyseur zur Erzeugung von Wasserstoff in Lingen errichtet – das benachbarte Kernkraftwerk Emsland wird bis Ende 2022 abgeschaltet. Dadurch gleicht sich der Wasserverbrauch für die Energieerzeugung aus. Für die Region sind also keine negativen Auswirkungen zu erwarten.
Im Vergleich zu einem Kohlekraftwerk ist der Wasserverbrauch eines Elektrolyseurs bei gleicher Leistung dreimal geringer.
Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfachs (DVGW) hat 2023 eine Studie zu dieser Frage durchgeführt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Wasserressourcen für die geplante Erzeugung von Wasserstoff in Deutschland problemlos ausreichen.
Es gibt Anwendungen, in denen fossile Energieträger nicht durch Strom ersetzt werden können. Das gilt zum Beispiel für Raffinerien, die chemische Industrie oder die Stahlerzeugung. Hier ersetzt der grüne Wasserstoff einerseits den so genannten grauen Wasserstoff, der aus Erdgas erzeugt wird, wobei CO2-Emissionen entstehen. Andererseits wird durch Wasserstoff der Einsatz von Kohle, Öl oder Gas überflüssig. Das sind die Anwendungen, in denen grüner Wasserstoff als erstes wirtschaftlich sein wird.
Auch für synthetische Kraftstoffe, die z.B. CO2-Emissionen im Schiffs- und Flugverkehr reduzieren können, ist grüner Wasserstoff notwendig.
Strom ist bislang nicht in großen Mengen speicherbar. Über die Umwandlung zu Wasserstoff hingegen kann erneuerbarer Strom gespeichert werden, u.a. in bestehenden unterirdischen Kavernenspeichern. Der Transport von Wasserstoff in einem Pipelinenetz über weite Strecken ist sehr effizient. Da vielfach vorhandene Leitungen des Erdgasnetzes genutzt und auf Wasserstoff umgestellt werden können, kann der Aufbau dieses Pipelinenetzes schnell und kostengünstig erfolgen.
Zur Herstellung von grünem Wasserstoff mittels Elektrolyse werden im Wesentlichen zwei Technologien angewendet: die alkalische Elektrolyse und die Polymer-Elektrolyt-Membran- (PEM)-Elektrolyse.
Je nach Einsatz kann ein PEM-Elektrolyseur einen Wirkungsgrad im Bereich zwischen 60 und 70% aufweisen. Gleichzeitig kann er fluktuierende Erneuerbare Energien aufnehmen, innerhalb von wenigen Sekunden starten und seine Leistung schnell anpassen. Kann der gleichzeitig erzeugte Sauerstoff ebenfalls genutzt werden, steigt die Effizienz an, da auch so Energie eingespart wird. (Quelle BDEW: https://www.bdew.de/energie/effizienzsteigerung-bei-der-wasserstofferzeugung/)
Der zusätzliche Stromverbrauch durch die Elektrolyseure muss durch einen verstärkten Ausbau der Erneuerbaren Energien und durch eine Importstrategie für Erneuerbare Energien gedeckt werden. Im ersten Halbjahr 2022 wurden 48,5 % Strom aus Erneuerbaren Energien in Deutschland erzeugt (Quelle: Statistisches Bundesamt). Dieser Anteil muss deutschlandweit weiter anwachsen. Der Import erneuerbarer Energien ist ebenso essenziell.
Aber es ist nicht sinnvoll, erst so viele Erneuerbare-Energien-Anlagen zu bauen, um den Stromsektor vollständig darauf umzustellen und dann erst mit der Wasserstoffproduktion zu beginnen. Dadurch, dass die Stromerzeugung aus Wind und Sonne ganz natürlich schwankt und auch die Stromnachfrage ganz unterschiedlich ist, müsste man extrem viele Wind- und PV-Anlagen bauen, die zu jedem Zeitpunkt die Stromnachfrage decken. In Zeiten, in denen viel Sonne scheint und viel Wind weht, würden die Strommengen aber gar nicht gebraucht. Deshalb braucht man Wasserstoff, um die Energie aus Wind- und PV-Anlagen zu speichern und die Erzeugungsschwankungen auszugleichen.
Unabhängig von dem Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur wird die Erreichung der Klimaziele mit einem stark steigenden Strombedarf und einem notwendigen Ausbau dieser Kapazitäten einhergehen.
Welcher Strom für die Erzeugung von grünem Wasserstoff verwendet werden darf, wird in den so genannten Strombezugskriterien geregelt. Die Betreiber der Elektrolyseanlagen müssen, z.B. mit Herkunftsnachweisen nachweisen, dass sie erneuerbaren Strom in gleicher Menge bezogen, wie der Elektrolyseur (und die Nebenaggregate) Strom verbraucht haben. Darüber gibt es Nachweise.
Der importierte grüne Wasserstoff muss die gleichen Strombezugskriterien erfüllen, wie der im Inland/in der EU erzeugte grüne Wasserstoff. Dies ist durch Zertifikate nachzuweisen und wird überprüft. Wichtig dafür sind auch Akteure wie die Stiftung H2Global, die, mit Unterstützung der Bundesregierung, internationale Importstrukturen für grünen Wasserstoff auf den Weg bringen soll.
Wichtig ist, dass der für Elektrolyseure eingesetzte Strom über Herkunftsnachweise als grün zertifiziert ist. Dann ist klar, dass er keine zusätzlichen CO2-Emissionen verursacht: In gleicher Menge, wie der Elektrolyseur Strom verbraucht, wird auch Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugt. Selbstverständlich müssen die Erzeugungskapazitäten für Erneuerbare Energien deutlich ausgebaut werden, damit der Bedarf gedeckt werden kann.
Langfristig ist nur grüner Wasserstoff nachhaltig. Zu Beginn wird es aber weder ausreichend Erneuerbare Energien noch ausreichend Elektrolyseure geben, um den Bedarf zu decken. Für eine Übergangszeit soll daher auch Wasserstoff aus z.B. Erdgas oder Kernenergie erzeugt oder importiert werden – das planen sowohl die Bundesregierung als auch die EU-Kommission in ihren Wasserstoffstrategien.
Es ist aber klar, dass z.B. die Erzeugung von Wasserstoff aus Erdgas, bei der das entstehende CO2 verpresst oder im Meeresboden gelagert wird, langfristig nicht mit dem Ziel der Klimaneutralität vereinbar ist und deshalb auslaufen muss. Wasserstoff aus Kernenergie ist unserer Ansicht nach langfristig schlicht zu teuer und wird deshalb vom Markt verdrängt werden.
Es gibt zahlreiche Länder und Regionen, die einen großen Überschuss an Erneuerbarer Energie bzw. das Potenzial dafür haben. Das sind z.B. der Nahe Osten, Nordafrika, Skandinavien, Australien, Russland oder Chile. Der produzierte Strom aus Wind, Sonne und Wasserkraft kann vor Ort in Wasserstoff umgewandelt und so zu den Verbrauchern transportiert werden.
Wasserstoff aus europäischen oder an Europa angrenzenden Ländern, wie z.B. den nordafrikanischen oder den skandinavischen Ländern, kann über Rohrleitungssysteme importiert werden. Der Wasserstofftransport funktioniert dann ähnlich wie der inländische Transport oder der aktuelle Import von Erdgas.
Wird Wasserstoff aus entfernten Ländern wie z.B. Australien oder Chile importiert, stehen aktuell drei Möglichkeiten im Raum:
- die Umwandlung in Ammoniak, eine sehr verbreitete Basischemikalie
- Flüssigwasserstoff, welcher ohne aufwendige, chemische Umwandlung auskommt
- die Bindung an einen sogenannten Liquid Organic Hydrogen Carrier (LOHC), z.B. das Thermalöl Benzyltoluol, mit dem Wasserstoff sicher und verlustfrei gespeichert und transportiert werden kann
Grundsätzlich haben alle Importvarianten ihre Vor- und Nachteile, sodass es keinen klaren Favoriten gibt. Ammoniak, als eine der meistgenutzten Basischemikalien, hat den Vorteil, bereits sehr verbreitet und bekannt zu sein. Die Technologie ist, mit wenigen Ausnahmen, ausgereift und muss nicht noch aufwendig entwickelt werden. Um den Import sehr großer Wasserstoffmengen beherrschen zu können, wird eine solche etablierte, kostengünstige Technologie bevorzugt. Zu den weiteren Transporttechnologien, die in Frage kommen, gehören Liquid Organic Hydrogen Carrier (LOHC) oder Flüssigwasserstoff.
Flüssigwasserstoff hat den Vorteil einer äußerst hohen Reinheit und einer vergleichsweise einfachen Handhabung am Importterminal. Die aufwendige Verflüssigung findet im Exportland statt, was den gesamten Prozess deutlich vereinfacht.
Bei der LOHC-Technik wird ein in der Industrie bewährtes Thermalöl verwendet, um Wasserstoff sehr sicher und verlustfrei mittels Tanklaster, Schiff oder Zug zu transportieren.
Das langfristige Rennen, in welcher Form Wasserstoff über sehr weite Strecken importiert wird, ist offen.
Ammoniak (NH3) ist ein giftiger, entzündlicher und umweltgefährlicher Stoff, der allerdings bereits seit über 150 Jahren großtechnisch hergestellt und verwendet wird. Ammoniak ist daher bekannt und technisch beherrschbar. Sein äußerst stechender Geruch warnt zudem bereits lange bevor eine mögliche Gefahr von ihm ausgeht. Der importierte Ammoniak soll zudem direkt vor Ort in Wasserstoff zurückgewandelt werden, sodass er das Importterminal nicht verlässt. Bei der Rückwandlung entsteht neben Wasserstoff nur Stickstoff als Produkt, welcher knapp 80% der Luft ausmacht und daher kontrolliert abgeblasen nicht gefährlich ist. Schließlich wird Ammoniak nur unter streng kontrollierten Industriestandards gehandhabt und ist nicht für den Gebrauch bei Privatpersonen vorgesehen.