FAQ zu Transport & Speicherung
Für den Transport und die Speicherung von Wasserstoff kann maßgeblich die bestehende Infrastruktur aus Gasleitungen und Untergrundspeichern genutzt werden. Bis 2032 soll in Deutschland so ein Wasserstoff-Kernnetz mit rund 9.700 Kilometern Leitung entstehen. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um die Sicherheit dieser Technologien. Ihre Frage ist nicht mit dabei? Schicken Sie uns eine E-Mail an info@get-h2.de
Der Transport über lange Strecken erfolgt in der Regel über in der Erde verlegte Leitungen, so genannte Pipelines. Hierfür werden hauptsächlich bestehende Leitungen verwendet, die heute Teil des Erdgas-Fernleitungsnetzes sind. Diese Pipelines können für den Transport von Wasserstoff umgestellt werden.
Im Projekt GET H2 Nukleus zum Beispiel werden größtenteils bereits vorhandene Rohrleitungen genutzt. Auf der insgesamt rund 130 Kilometer langen Strecke werden 115 Kilometer bestehende Pipelines, die aktuell Erdgas transportieren, auf den Transport von Wasserstoff umgestellt. 15 Kilometer Pipeline werden als Teilneubau von Evonik zwischen Marl und Gelsenkirchen-Scholven umgesetzt.
Das Wasserstoff-Kernnetz, das bis 2032 schrittweise in Deutschland aufgebaut wird, wird rund 9.700 Kilometer Leitungen umfassen. Etwa 65% davon sind bestehende Leitungen, der andere Teil wird neu gebaut.
Die Pipelines des Erdgas-Fernleitungsnetzes sind aus Stahl. Die eingesetzten Stähle sind zum Transport von Wasserstoff grundsätzlich geeignet. In Deutschland gibt es bereits einige regional begrenzte Wasserstoffnetze, die von Industrieunternehmen seit Jahrzehnten betrieben werden. Deren Pipelines sind ebenfalls aus Stahl und mit denen des Fernleitungsnetzes vergleichbar. Die Eignung der Leitungen, die im Rahmen des Projektes GET H2 Nukleus für den Transport von Wasserstoff umgestellt werden, wurde bereits in umfassenden Prüfungen festgestellt.
In den Leitungen wird Wasserstoff in seiner molekularen Form (H2) transportiert, nicht in seiner wesentlich kleineren atomaren Form. Für die Leitungen wird Stahl verwendet, der durch molekularen Wasserstoff nicht angegriffen wird – anders als z.B. sehr hochlegierter Stahl oder Titan, die in der Automobilindustrie eingesetzt werden.
Schweißnähte sind nicht anfälliger als andere Oberflächen in der Leitung. Voraussetzung für einen versprödenden Effekt ist auch hier ein Vorliegen von atomarem Wasserstoff in Kombination mit Fehlstellen an der Innenwand der Leitung. Atomarer Wasserstoff kann über eine Fehlstelle in das Metallgitter eindringen und sich dort wieder zu H2 verbinden. Dauerhaft kann das zu einer Reduzierung der Bindungsenergie des Metallgitters der Leitung führen. Um das zu verhindern, werden Fehlstellen an Leitungen beseitigt.
Damit die Wasserstoffnetze in jedem Fall sicher betrieben werden können, berechnen die Netzbetreiber die Lebensdauer sehr konservativ. Realistische Zeiträume für den Betrieb liegen trotzdem in der Regel bei mehreren Jahrzehnten. Ein sicherer und wirtschaftlicher Betrieb eines Wasserstoffnetzes ist also gewährleistet.
Das Alter von Pipelines sagt nichts über ihren Zustand aus. Das Leitungsnetz wird gemäß Regelwerk des DVGW (Deutscher Verband des Gas- und Wasserfachs) regelmäßig auf seinen Zustand hin überprüft. Werden schadhafte Abschnitte entdeckt, werden sie ausgetauscht.
Im Vorfeld der Umstellung findet eine technische Prüfung durch unabhängige Sachverständige statt. Je nachdem, wie die Gutachten ausfallen, werden erforderliche technische Anpassungen umgesetzt. Parallel wird ein behördliches Genehmigungsverfahren durchgeführt. Erst wenn auf allen Ebenen die Eignung für einen sicheren Transport festgestellt wurde, erfolgt die Umstellung auf Wasserstoff.
Nein. Der Transport von Wasserstoff über Leitungen ist eine erprobte Technologie. In Deutschland und vielen anderen Ländern bestehen bereits seit Jahrzehnten privatwirtschaftliche Wasserstoffnetze, die sicher betrieben werden, z.B. von Air Liquide im Rheinland und Ruhrgebiet, von BASF in Ludwigshafen oder von Linde in Leuna. Der Betrieb und die Überwachung des Leitungssystems erfolgen fachlich versiert und sorgfältig. Somit wird kontinuierlich Sorge getragen, alle möglichen Gefahren zu minimieren.
Leckagen können durch beschädigte Leitungen oder schadhafte Armaturen entstehen. Die Anlagen und Leitungen der Gasnetze unterliegen strengen Sicherheitsauflagen in der Planung, im Bau und im Betrieb. Während des Betriebs werden die Wasserstoffleitungen regelmäßig einer Kontrolle durch eine Wasserstoffdetektion per Hubschrauber unterliegen. Eine zentrale Leitstelle überwacht und steuert den Gasfluss in der Leitung 24/7 an 365 Tagen im Jahr. Hier kann ein durch Leckagen verursachter Druckabfall sofort erkannt werden. Der betreffende Leitungsabschnitt wird dann umgehend abgeriegelt und druckfrei gemacht, beschädigte Leitungsteile werden ausgetauscht. Wird eine Leitung beschädigt, z.B. durch eine Baustelle, wird sofort ein Team einberufen, das im Umgang mit kritischen Situationen geschult ist. In Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden leitet dieses Team die notwendigen Maßnahmen ein, um die Sicherheit auf allen Ebenen zu gewährleisten.
Die Mengen an Wasserstoff, die durch schadhafte Armaturen oder im Rahmen des normalen Verschleißes schadhafte Leitungen an die Luft entweichen können, sind sehr gering. Wasserstoff ist leichter als Luft und entweicht sofort nach oben. Er verteilt sich außerdem viermal schneller in der Luft als Erdgas. Wasserstoff explodiert oder brennt zudem nicht bei Kontakt mit der Luft. Dazu bräuchte es eine offene Flamme, wie es auch bei der Knallgasprobe, die viele aus der Schule kennen, der Fall ist.
Nur wenn eine sehr große Menge Wasserstoff auf einmal austritt, kann eine Gefahr gegeben sein. Das kann nur der Fall sein, wenn eine unter hohem Druck (z.B. 60 bar oder mehr) stehende Leitung massiv beschädigt wird, z.B. durch eine Baustelle. Die Gefahr einer Entzündung des Wasserstoffs besteht in der Regel nur, wenn sich gleichzeitig eine offene Flamme oder Funkenflug an der Austrittsstelle befinden. Ist dies der Fall, kann es – wie bei anderen entzündlichen Stoffen – zu einer Explosion kommen. Wie beim Transport von Erdgas wird kontinuierlich der Druck im System gemessen. Bei einem massiven Austritt von Gas fällt der Druck ab, was sofort bemerkt wird.
Wasserstoff kann sich bei Kontakt mit Sauerstoff entzünden, wenn gleichzeitig ein Zündfunke vorhanden ist. Die Gefahr einer Explosion hängt von der Wasserstoffkonzentration im Luftgemisch ab. Wenn ein Luftgemisch eine Wasserstoffkonzentration zwischen 4-77 mol % hat, ist eine Explosionsgefahr gegeben. Da im Leitungsnetz der Transport von 100%-igem Wasserstoff stattfindet, kann eine Explosion im Leitungsnetz ausgeschlossen werden. Da der Wasserstoff in der Rohrleitung zudem unter deutlich höherem Druck steht als die Umgebungsluft, kann kein Sauerstoff in die Rohrleitung eintreten und die Wasserstoffkonzentration verändern.
In dem Projekt GET H2 Nukleus sollen große Industriestandorte mit Wasserstoff versorgt werden. Das erfolgt über das bestehende Fernleitungsnetz und ergänzende Teilstücke, die neu errichtet werden, die nicht durch Wohngebiete führen.
Gemäß gültigem Regelwerk des DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfachs) liegen die Leitungen des Fernleitungsnetzes für Erdgas mindestens einen Meter unter der Erdoberfläche. Das wird auch bei Wasserstoffleitungen der Fall sein.
Bei den bestehenden Pipelines, die umgestellt werden, sind Umbauten an Armaturen und Verdichtern in den vorhandenen Anlagen notwendig. Diese erfolgen jeweils lokal an den einzelnen Standorten. Für das Projekt GET H2 Nukleus zum Beispiel betrifft das zwölf Stellen auf der 115 Kilometer langen Strecke.
Bei Neubauvorhaben gibt es zwei Möglichkeiten, die sich nicht von dem Bau von Leitungen für Erdgas unterscheiden: Entweder wird die Pipeline offen verlegt – also mithilfe von Baggern in einen vorher ausgehobenen Leitungsgraben gelegt. Oder sie wird als Tunnelbohrung verlegt, was z.B. bei der Unterquerung von Flüssen und Kanälen, Straßen und Bahngleisen oder Landschafts- und Naturschutzgebieten der Fall ist.
In dem Projekt werden größtenteils vorhandene Leitungen genutzt. Die Baumaßnahmen konzentrieren sich maßgeblich auf Arbeiten auf dem RWE-Kraftwerksgelände in Lingen sowie auf den Teilneubau einer Pipeline durch Evonik, die vom Chemiepark Marl nach Gelsenkirchen-Scholven führen soll (ca. 15 Leitungskilometer). Dieser Teilabschnitt soll gemeinsam mit einem bereits geplanten Austausch von vorhandenen Leitungen umgesetzt werden, so dass keine zusätzlichen Belastungen entstehen. Der Aufwand und die Belastungen sind also um ein Vielfaches geringer als bei einem vollständigen Neubau von Gasleitungen.
Der Anspruch bei einem Neubau einer Leitung ist es immer, dass Mensch und Umwelt in möglichst geringem Maße beeinträchtigt werden. Das wird bei der Trassenführung stets berücksichtigt, die im Übrigen in einem aufwändigen Verfahren mit den zuständigen Behörden und teilweise auch unter Einbindung der Öffentlichkeit festgelegt wird. Dabei kann es sich ergeben, dass Grünschnitt und Rodungen stattfinden müssen. Bei jeder Baumaßnahme wird im Einzelnen festgelegt, wie Eingriffe möglichst gering gehalten werden können und wie ein Ausgleich durch z.B. Ersatzpflanzungen erfolgen kann. Nach Verlegung ist das Freihalten der Trassen ein Sicherheitsaspekt. Leitungen müssen im Falle eines Schadens schnell zugängig sein, ebenso können Wurzeln zu Schäden an der Leitung führen.
Vor der Umstellung müssen die entsprechenden Leitungen auf Wasserstofftauglichkeit geprüft werden. Die jeweilige Aufsichtsbehörde muss der Umstellung und somit dem Betrieb mit Wasserstoff zustimmen.
Die für den Transport von Erdgas erteilten Wegerechte gelten auch für den Transport von Wasserstoff. Das wurde in dem im Juni 2021 im novellierten Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verabschiedet.
Laut §113a EnWG gelten die bestehenden Wegenutzungsrechte für Erdgasleitungen gleichermaßen auch für Wasserstoffleitungen. Da sich bei der Umstellung einer bestehenden Erdgasleitung auf den Transport von Wasserstoff die Tiefe der verlegten Leitung und die Größe des Schutzstreifens, in dem Baumaßnahmen nicht möglich sind, nicht ändern, gehen wir davon aus, dass sich auch der Wert des Grundstücks nicht ändert. Beim Neubau einer Leitung können keine pauschalen Aussagen zu Grundstückswerten getroffen werden. Dies sind Einzelfälle, die bei dem Neubau einer Leitung mit den Grundstückseigentümern verhandelt werden.
Nein. Die Projektpartner verfolgen das Ziel, vorhandene Erdgasleitungen umzustellen, so dass sie für den Transport von 100% Wasserstoff genutzt werden können. Dies hat mehrere Vorteile: Zum einen ist es deutlich kostengünstiger als ein Neubau, zum anderen geht es signifikant schneller und natürlich auch viel umweltschonender. Der Aufwand und die Belastungen für die Bevölkerung und die Umwelt sind also um ein Vielfaches geringer als bei einem vollständigen Neubau von Wasserstoffleitungen oder Hochspannungsleitungen. Zudem kann auf diesem Weg eine schnelle Umsetzung möglich gemacht werden.
Die Sektoren Industrie und Mobilität sind in der Regel auf eine Versorgung mit reinem, also unvermischtem Wasserstoff, angewiesen. Wird der grüne Wasserstoff ausschließlich zum Erdgas beigemischt, können die Projektpartner die Potenziale zur Reduzierung der CO2-Emissionen in diesen Bereichen nicht heben.
Auch wenn es ein Netz gibt, in dem 100%-iger Wasserstoff transportiert wird, bleibt die Beimischung von Wasserstoff zum Erdgas trotzdem eine theoretische Option, um den Verbrauch fossiler Energie zu reduzieren. Allerdings vermuten die meisten Experten, dass die Kosten für klimaneutralen Wasserstoff so hoch sein werden, dass sich eine Beimischung zum Erdgas nicht lohnt.
So wie es nur ein Stromnetz für konventionell erzeugten und Strom aus erneuerbaren Quellen gibt, kann es auch nur ein Wasserstoffnetz geben, in dem dieser unabhängig von der Herkunft des Wasserstoffs transportiert wird. Das langfristige Ziel ist es, in dieses Netz nur grünen Wasserstoff einzuspeisen.
Ja. Es werden nur die Teile des so genannten Erdgas-Fernleitungsnetzes umgestellt, die von der Bundesnetzagentur freigegeben wurden, weil sie nicht notwendig sind, um die Versorgungssicherheit mit Erdgas aufrecht zu erhalten. Selbiges gilt für die Kavernenspeicher, die für Wasserstoff umgerüstet werden.
Hierfür werden hauptsächlich so genannte Kavernenspeicher verwendet. Das sind in der Regel unterirdische Salzkavernen, die bereits seit Jahrzehnten für die Speicherung von Erdgas sicher eingesetzt werden und für die Speicherung von Wasserstoff umgerüstet werden. Zusätzlich können neue Salzkavernen für die Speicherung von Wasserstoff bereit gemacht werden.
Die überwiegende Zahl der bestehenden Erdgasspeicher und der geplanten Wasserstoffspeicher befindet sich im Nordwesten Deutschlands. Knapp 90% aller potenziellen Kavernenspeicher Europas liegen in Ostfriesland, im Oldenburger Land und im Münsterland. Ein erster Wasserstoffspeicher, der 2026 an das Projekt GET H2 Nukleus angeschlossen will, liegt in Gronau-Epe.
Im kleineren Maßstab können auch Röhrenspeicher oder Gastanks eingesetzt werden. Verwendet werden generell nur erprobte und sichere Technologien.
Der GET H2 Partner Linde betreibt bereits Kavernenspeicher für Wasserstoff. In einer Case Study, die hier zum Download zur Verfügung steht, hat er die Erfahrungen zusammengestellt.
Wasserstoff kann unter anderem gasförmig unter Druck, in flüssiger Form sowie gebunden an Ammoniak, Methanol oder Liquid Organic Hydrogen Carrier (LOHC) wie Benzyltoluol gespeichert und transportiert werden. Je nach verwendeter Technologie ergeben sich dabei unterschiedliche Anforderungen an die Infrastruktur zu Speicherung und Transport. Jede der Technologien hat ihre Vor- und Nachteile – es gibt nicht die eine Lösung, die für alle Anwendungen optimal passt.
Kavernenspeicher sind in Salzstöcken hergestellte Hohlräume. Das umlagernde Salz stellt eine undurchlässige Begrenzung dar. Die Dichtheit des Salzes gegenüber Wasserstoff wurde im Vorfeld untersucht und bestätigt, sodass der Wasserstoff aus der Kaverne nicht in andere Bodenschichten oder in das Grundwasser entweichen kann.